Gin aus Deutschland
Es ist wohl längst kein Geheimnis mehr, das sich Gin aus Deutschland nicht mehr vor den klassischen Gin-Nationen wie England, Holland und auch Spanien verstecken muss. Während die Holländer allein aufgrund ihrer Genever-Tradition eine Sonderstellung einnehmen, die Spanier mit ihren New Western Gins experimentieren, was das Zeug hält und die Engländer als große London Dry Spezialisten auftreten, nimmt Deutschland sich ein anderes Konzept zu Herzen: hier baut man (verallgemeinert gesagt) auf heimatliche Ingredienzen und lässt das Beste der Region mit hinein fließen.
Deutschland und auch Österreich haben beide vielleicht nicht die längste Gin-Tradition, doch im Brennen von Korn und Obstbränden sind sie ganz vorne mit dabei. Williamsbirne, Kirschwasser und Himbeere, Marille und Co. geben Zeugnis davon ab, dass man es in Deutschland bereits weit brachte mit der Tradition des Destillierens. Und wenn man feinen Getreidebrand brennen kann, wieso dann nicht auch einen Gin? Als Spirituose mit Ethylalkohol agrarischen Ursprungs war es nur eine Frage der Zeit, dass sich der Gin auch in Deutschland etablierte.
In der Tat kann man grob gesagt zwei Tendenzen festmachen, die sich in der deutschen Gin-Tradition seit nunmehr einigen Jahren herauskristallisieren. Einesteils wagten viele Jungunternehmer und solche, die Gin lieben den Sprung und gründeten erfolgreiche Start-Up-Unternehmen und kleine Destillerien, auf der Suche nach der einen Zutat und dem perfekten Geschmackserlebnis. Andererseits lässt sich auch eine Tendenz dahingehend feststellen, dass große und bekannte Brennereien, die normalerweise für Obstbrände und –liköre bekannt sind, auch einen Gin in ihr Sortiment mit aufnahmen. Werfen wir einen kleinen Blick darauf.
Deutsche Gins aus bekannten Brennereien
Es ist nicht die schlechteste Idee, wenn sich renommierte Destillerien nach Obstbrand, Whisky und Co. Richtung Gin orientieren. Denn was kann man sich als Gin-Liebhaber anderes wünschen, als einen erfahrenen Brennmeister, der sich in seiner Heimat umsieht und in einen edlen Brand nur beste Botanicals mit hineinwandern lässt? Und Destilliermeister wie diejenigen der Lantenhammer Brennerei oder auch Ziegler haben ein ausgesprochen feines Näschen, das keine Kompromisse gelten lässt.
Kein Wunder, dass wir uns nach Bavarka Vodka auf Bavarka Gin freuen. Beide sind Kinder der bekannten Lantenhammer Brennerei am malerischen bayrischen Schliersee und Bavarkas Gin punktet neben einer Basis aus Kartoffeln auch mit anderen heimischen Zutaten wie Hopfen, Heublumen und Fenchelsamen.
Und Ziegler? Die wiederum begeistern schon optisch mit einer Kupferlegierung in gewohnter Flaschenform und bauen vor allem auf erfrischende Zitrusnoten.
Heimatverbundenheit
Wie man am spannendsten und einfachsten einen „neuen“ Gin schafft, der das gewisse Etwas in sich birgt? Dies geschieht am besten, erkundigt man sich bei einigen deutschen Destilliermeistern, indem man sich an dem orientiert, was vor einem liegt. Im Falle des The Duke Munich Dry Gin? Holte man Hopfen und Malz mit ins Boot. Als Penninger Granit Bavarian Gin ließ man solch regionalen Ingredienzen wie Bärwurz, Enzian und Melisse den Vorzug. Und Spitzmund Gin baut unter anderem auf Pflaumen, Haselnüsse und Äpfel.
Der große Aromenstar, wenn es um regionale Ingredienzen wie Preiselbeeren, Brombeeren und Fichtensprossen geht, ist ohne Zweifel Monkey 47 Gin. Er kann durchaus als internationales Aushängeschild der deutschen Gin-Produktion gelten und wird auf der ganzen Welt als etwas Besonderes gefeiert. Dass man ihn vor ein paar Jahren zum besten Gin der Welt kürte, hat diesen Ruf nur noch verstärkt.
Feines aus der Heimat garantiert nicht nur, dass man seinem Gin einen ganz eigenen Geschmack mitgibt, zugleich ist es auch eine kleine Liebeserklärung an die Heimat und daran, dass man auch hier Individuelles und Schmackhaftes mit ganz eigener Note zu erschaffen vermag.
Große Exoten
Heimische Ingredienzen und eher ungewöhnliche Zutaten – bei deutschen Gins findet sich beides. Denn obwohl die Bergamottefrucht in „rohem“ Zustand so nicht verzehrt werden kann, findet sie sich doch im Sears Cutting Edge Gin wieder und punktet hier mit sagenhaftem Aroma. Und Elephant Gin ist bei weitem auch kein afrikanischer Gin, sondern wird in Deutschland destilliert (wenn auch die Botanicals mit Buchu Blüten und Baobabfrüchten eher ungewöhnlich sind).
Gemessen am Erfolg, machen sich auch diejenigen Gins gut, die ein Botanical zum Star ihres Ensembles ernennen (dreimal dürfen Sie raten, dass es zumeist nicht die Wacholderbeere ist). O49 aus der Osnabrücker Gegend baut auf Salbei, Momentum Gin auf Basilikum (genial in einem Basil Smash) und Siegfried Rheinland Dry Gin erweist der Lindenblüte die Ehre.
Definitiv noch eine Erwähnung wert ist Ferdinands Saar Dry Gin, der sich beinah ein kleines Gin-Imperium aufbaute, das mittlerweile einen Riesling-Infused Gin im Sortiment führt, sowie zugehörige Bitters, einen Quince Gin (als deutsche Antwort auf den Sloe Gin) und nun auch zwei Polidori Tonic Waters.